Es gilt das gesprochene Wort!
Herr Präsident,
meine Damen und Herren,
der 7. Juli diesen Jahres ist ein historisches Datum: Ein historisches Datum vor allem für die Opfer von Sexualdelikten, welche häufig Frauen sind.
Der Deutsche Bundestag hat nämlich den Grundsatz Nein heißt Nein einstimmig (!) im Sexualstrafrecht verankert und damit einen längst überfälligen Paradigmenwechsel im Sexualstrafrecht vollzogen. Mit dieser Reform kann auch die sogenannte Istanbul-Konvention ratifiziert werden, die bereits 2011 unterschrieben wurde.
Durch die Reform macht sich bald nicht nur strafbar, wer Sex mit Gewalt oder Gewaltandrohung erzwingen will. Vielmehr reicht es nun aus, dass der Täter sich über den erkennbaren Willen des Opfers hinwegsetzt.
Damit werden Lücken im geltenden Strafrecht geschlossen und sexuelle Handlungen gegen den Willen einer Person grundsätzlich unter Strafe gestellt.
Auch die sexuelle Belästigung (das sogenannte Grapschen) wird unter Strafe gestellt. Bisher war selbst ein Griff an die weibliche Brust oder in den Schritt oft straflos, wenn er über der Kleidung erfolgte, da sie unterhalb der Erheblichkeitsschwelle lagen Das ändert sich nun!
Es wird eine Schieflage beseitigt, denn bisher konnte die sexuelle Belästigung nur sanktioniert werden, wenn sie am Arbeitsplatz stattfand.
Des Weiteren werden sexuelle Angriffe aus einer Gruppe heraus, künftig unter Strafe gestellt. Damit zieht der Gesetzgeber Konsequenzen aus der Silvesternacht dieses Jahres, wo Täter massenhaft sexuelle Übergriffe auf Frauen, insbesondere in Köln, begangen haben.
Ich gebe allerdings zu bedenken, dass schon geltendes Recht ausgereicht hätte, denn die Beihilfe zu Sexualstraftaten ist heute bereits strafbar und die gemeinschaftliche Begehung wirkt sogar strafschärfend.
Selbstverständlich ist es wichtig, dass dieses Gesetz verfassungsfest ist und die Opfer, meist Frauen, mit diesem Gesetz keine Steine statt Brot bekommen, das heißt die neuen Bestimmungen auch gerichtsfest sind und keine Beweisschwierigkeiten produziert werden.
Bei der sexuellen Selbstbestimmung gibt es ganz häufig Situationen, in denen nur zwei Personen beteiligt sind. Das ist schon jetzt so. Die Reform ändert nichts daran. Ich vertraue hierbei auf die hohe Kompetenz der Polizei, Staatsanwaltschaft und Strafjustiz, die in der Lage ist, die Aussagen gegenüberzustellen, zu bewerten und dann die richtigen Urteile sprechen zu können. Das wird durch diese Reform nur verstärkt, keinesfalls verschlechtert.
Herr Präsident,
meine Damen und Herren,
die Kollegen von CDU und Bündnis 90/Die Grünen tragen nun wieder gebetsmühlenhaft vor: Das hat Hessen, insbesondere die hessische Justizministerin Kühne-Hörmann geschafft
.
Dabei frage ich mich erneut, warum sich gerade die Grünen noch energischer vor die Justizministerin werfen, noch energischer als Kühne-Hörmanns Parteikollegen von der CDU!
Ich sage Ihnen folgendes:
Das neue, erweiterte Sexualstrafrecht ist vor allem dem energischen Engagement vieler über alle Fraktionen vertretenden Politikern, vor allem Frauen, Verbände aber auch Frauenrechtlerinnen zu verdanken, die seit Jahren für ein schärferes Sexualstrafrecht kämpfen.
Hessen hat daran, wenn überhaupt, nur einen kleinen Anteil.
Bereits im Herbst 2014 hat Bundesjustizminister Maas deutlich gemacht, dass er Schutzlücken sieht. Im Jahr 2014 wurde dann im Ministerium der Handlungsbedarf geprüft, und auch bei der JuMiKO im Herbst 2014 beschlossen.
In der Folgezeit wurde im Ministerium ein Gesetzesentwurf erarbeitet, der vor der Sommerpause 2015 in die Ressortabstimmung ging. Im Anschluss daran, kam es zu einer Blockade des Gesetzesentwurfes im CDU-geführten Bundeskanzleramt. Diese wurde erst im Dezember 2015 beendet.
Frau Kühne-Hörmann, entgegen Ihrer Darstellung spielen Sie in der Bundespolitik keine Rolle!
Beenden Sie diese unsägliche Masche und dieses durchsichtige Ablenkungsmanöver mit dem Sie von eigenen Problemen, wie die Ausstattung der Justiz, die Besoldung in der Justiz, abzulenken zu versuchen!
Diese Ablenkungsmanöver schaden den Sachthemen und nützen niemandem, auch Ihnen nicht!
Sehr geehrter Herr Präsident,
meine Damen und Herren,
über diese Reform hinaus, ist aus meiner Sicht noch einiges zu tun:
So brauchen wir z. B. die flächendenkende Möglichkeit der anonymen Dokumentation solcher Straftaten, damit Opfer in Ruhe überlegen können, ob sie die Straftat anzeigen oder nicht.
Des Weiteren sollte die Strafprozessordnung dahingehend ergänzt werden, dass die Vernehmung des Opfers bei einer schweren Straftat, wie z. B. die Vergewaltigung, bei der Polizei als erste Aussage auf Video festgehalten wird. Damit könnte der Schutz der Opfer strafprozessual abgesichert werden.
Herr Präsident,
meine Damen und Herren,
Die Reform des Sexualstrafrechts ist insgesamt sehr gelungen.
Vergessen wir nicht: Wenn Täter nicht verurteilt werden können, dann ist das für die Opfer die zweite bittere Demütigung.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!