Es gilt das gesprochene Wort!
Herr Präsident,
meine Damen und Herren,
es ist längst überfällig, dass verurteilte homosexuelle Männer in unserem Land rehabilitiert werden!
Aufgrund des sog. homosexuellen Paragraphen 175 sind Tausende von Menschen von der NS-Zeit bis zum Jahr 1994 nur deshalb verfolgt, stigmatisiert und verurteilt worden.
Es ist beschämend und gehört zu den dunkelsten Geschichten des Nachkriegs-Deutschlands, dass sämtliche sexuelle Handlungen, einschließlich bloßer erotisch interpretierbarer Annäherungen unter Männern bis 1969 unter Strafe standen! Homosexuelle Handlungen waren bis 1964 strafbar.
So kam es von 1945 bis 1969 in der Bundesrepublik Deutschland zu 50.000 Verurteilungen und ca. 100.000 Ermittlungsverfahren gegen Homosexuelle.
Was bedeutete das für die Betroffenen? Sie wurden stigmatisiert, verängstigt, bedroht, eingesperrt und verloren in vielen Fällen ihre bürgerliche Existenz. Es wurden hier die Menschenrechte und Persönlichkeitsrechte von Betroffenen mit den Füßen getreten!
Die verurteilten homosexuellen Männer müssen dringend rehabilitiert werden. Sie sollen nicht länger mit der Stigmatisierung der Verurteilung leben müssen.
Der §175 war von Anfang an verfassungswidrig. Der Bundestag hat im Jahr 2000 zwar sein Bedauern gegenüber den Opfern zum Ausdruck gebracht und der Bundesrat hat sich für eine Aufhebung der Strafurteile ausgesprochen, aber eine Rehabilitierung der Opfer ist bis heute nicht erfolgt.
Wir als SPD Landtagsfraktion begrüßen deshalb ausdrücklich die Ankündigung von Bundesjustizminister Maas, einen Gesetzentwurf zur kollektiven Entschädigung von Verurteilten des früheren §175 StGB umzusetzen.
Maas reagiert damit auf ein Rechtsgutachten der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Nach dem Rechtsgutachten von Prof. Burgi hat der Gesetzgeber aufgrund seiner Schutzpflicht sowie dem Rechts- und Sozialstaatsprinzip sogar den verfassungsgemäßen Auftrag, die Opfer des §175 zu rehabilitieren und den fortbestehenden Strafmakel so zu beheben. Die Opfer sind im Kernbestand und ihrer Menschenwürde verletzt worden.
Diese Ungerechtigkeit darf der Gesetzgeber nicht länger hinnehmen. Das Gutachten spricht sich zu Recht für eine kollektive Entschädigung in Form eines Fonds aus. Dies würde den Opfern ersparen, in einer Einzelfallsprüfung erneut durch die entwürdigende Verletzung ihrer Intimsphäre gekränkt zu werden.
Diese Entschädigung könnte z.B. durch die Magnus-Hirschfeld-Stiftung verwaltet werden und für Aufklärungs- und Erinnerungsprojekte eingesetzt werden.
Herr Präsident,
meine Damen und Herren,
im Sinne der Betroffenen sollte, über alle Parteigrenzen hinaus, der angekündigte Gesetzentwurf von Maas aktiv unterstützt und begleitet werden.
Zudem dürfen wir nicht vergessen: Auch heute noch werden in der Gesellschaft Lesben und Schwule in vielen Lebensbereichen nicht gleichgestellt mit anderen Paaren. Es gibt nach wie vor Fälle von Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare, deshalb müssen wir neben einer Rehabilisierung, uns weiterhin für eine offene und tolerante Gesellschaft einsetzen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!