neonazistische und neofaschistische Subkultur im Strafvollzug

Herr Präsident,

meine Damen und Herren,

nicht zuletzt die NSU-Fälle und Morde haben uns gezeigt:

Die Bekämpfung des Rechtsextremismus und die Bekämpfung neonazistischer Strukturen sind und bleiben eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe!

In den Blick möglicher rechtsextremistischer Kulturen müssen wir deshalb und selbstverständlich auch den Strafvollzug nehmen!

Auch hier muss gelten: genau hinsehen und wehret den Anfängen!

Wie sieht es aber genau im Strafvollzug aus?

Das lässt sich so zusammenfassen: Wir wissen es nicht genau!

So antwortet die Hessische Landesregierung auf die Große Anfrage der Linken:

„Im hessischen Strafvollzug werden keine statistischen Daten speziell über Inhaftierte mit Straftaten mit neonazistischem oder neofaschistischem Hintergrund bzw. der Mitgliedschaft in entsprechenden Organisationen erhoben.“

So gibt es keine entsprechenden Erhebungen des Kriminologischen Dienstes oder sonstige kriminologische Untersuchungen.

Das ist genau das Problem, meine Damen und Herren!

Es fehlen entsprechende Statistiken bzw. wissenschaftliche Untersuchungen darüber inwieweit rechtextremistische Strukturen im Strafvollzug vorhanden sind oder nicht.

So gibt es nur Indizien dafür, dass Rechtsextremismus im Strafvollzug (hoffentlich!) keine übergeordnete Rolle spielt.

Eine Bestandsaufnahme der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden aus dem Jahr 2003 besagt, dass nur sehr wenige Straftäter aus dem rechtsextremistischen Spektrum inhaftiert seien.

Eine im Jahr 2002 durchgeführte Umfrage der „Informationsgruppe zur Bekämpfung rechtsextremistischer/terroristischer, insbesondere fremdenfeindlicher Gewaltakte“ (IGR) hat ergeben, dass es sich nach Schätzungen der Justizvollzugsanstalten bei knapp 0,6 Prozent der einsitzenden Personen um klar erkannte Rechtsextremisten handelt.

Jedoch geben auch Länder, insbesondere die neuen Bundesländer, an, dass die Zahl der Gefangenen mit rechtsextremistischer Orientierung erheblich größer sei!

Bei der Beantwortung der Großen Anfrage ist allerdings aufgefallen, dass in der Jugendarrestanstalt Wiesbaden derzeit 24 Gefangene aufgrund verdächtiger Tätowierungen, ihrer Musik- und Literaturwünsche und ihren Äußerungen als gefährdet eingeschätzt werden bzw. beobachtet werden!

2001 gab es in Wiesbaden auch eine Versammlung der Hilfsorganisationen für nationale politische Gefangene und deren Angehöriger, die durch Aufzüge bei deren Versammlungen die Solidarität mit Inhaftierten zum Gegenstand hatte und konsequenterweise 2011 vom Bundes-innenministerium verboten wurde.

Vereinzelt konnten in den Anstalten auch diverse Gegenstände, wie Hakenkreuze oder Bilder mit NS-Symbolen sichergestellt werden.

Gegen zwei Justizbeamte sind in 2012 Disziplinarverfahren wegen rechtsradikaler Äußerungen eingeleitet worden. Beide Beamte sind vorläufig des Dienstes enthoben.

Das Ministerium beschreibt, dass durch Fortbildungen bzw. durch Aussteigerprogramme reagiert wird.

So weit, so gut.

Bedauerlich und kritikwürdig ist allerdings, dass es bzgl. des Rechtsextremismus in den Gefängnissen keine aktuellen gesicherten, repräsentativen Ergebnisse bzw. wissenschaftliche Untersuchungen gibt.

Das ist beschämend.

Das müssen wir ändern!

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!