Therapieunterbringungsgesetz

Herr Präsident,
meine Damen und Herren,

vor gut eineinhalb Jahren hat der EGMR festgestellt, dass die nachträgliche Verlängerung der auf zehn Jahre begrenzten Sicherungsverwahrung gegen die Europäischen Menschenrechts-konvention (dem Rückwirkungsverbot u. a.) verstößt.

Diese Rechtsprechung hat das BverG in Folge konkretisiert.

Bis zum 31.12. diese Jahres müssen nun die Gerichte entscheiden, ob der betroffene Personenkreis (rund 100 Fälle bundesweit) entlassen werden müsste.

Mit dem ThUG, das wir nun durch ein Hessisches Ausführungsgesetz beraten, wird geregelt, dass entlassene Täter nach Verbüßung der Strafe bzw. zeitlich begrenzten Sicherungsverwahrung dann in eine geschlossene Einrichtung untergebracht werden können, wenn eine schwere Straftat vorlag, eine psychische Störung im Zusammenhang mit der Straftat vorliegt, sowie eine erhebliche Gefährlichkeit und Gefahr für die Bevölkerung prognostiziert wird.

Die SPD-Landtagsfraktion hat es sich mit der Zustimmung zu diesem Gesetz nicht leicht gemacht.
So bleibt es abzuwarten, ob das Therapieunterbringungsgesetz einer Verfassungskontrolle Stand hält, da das ThUG ausdrücklich nicht Gegenstand der Entscheidung des BverGs vom 4.5.2011 war.

Viele offene Fragen müssen letztendlich wohl unabhängige Gerichte entscheiden. So muss das Land geeignete Therapieplätze schaffen und diese auch finanzieren.

In der Gesamtschau gebietet die Schutzpflicht des Staates Bürger vor besonders gefährlichen Mitmenschen zu schützen.

Da sich in der Frage der Zuständigkeit Justiz- und Sozialministerium „gegenseitig die Bälle zugespielt haben“, können wir froh sein, dass der Landeswohlfahrtsverband mit der Vitos GmbH unter bestimmten Bedingungen diese Aufgabe übernommen hat.

Dies ist unbestritten eine höchst verantwortungsvolle und schwierige Aufgabe, die nicht nur das Abstandsgebot, sondern auch vielfältigste inhaltliche Anforderungen erfüllt.

Der Städtetag hat auch unter Konnexitätsgesichtspunkten die Zuständigkeit des Gemeindevorstandes als Antragsberechtigte krisitiert.
Ob diese bundesgesetzliche Regelung glücklich ist, ist fraglich.

Sie besteht allerdings nun. Zudem ist auch der Anstaltsleiter der JVA antragsberechtigt, in der sich der Sicherungsverwahrte befindet.

Herr Präsident,
meine Damen und Herren,
mit diesem Gesetz werden viele schwierige verfassungsrechtliche aber auch rechts- und sozialwissenschaftliche Fragen aufgeworfen.
Wir als Landesgesetzgeber begeben uns damit auf neues, unsicheres Terrain.
Wir hoffen aber, dass im Falle der Notwendigkeit einer Unterbringung nach ThUG diese verfassungsfest und fachlich prüfend erfolgt und die Bevölkerung damit geschützt ist.