Herr Präsident,
meine Damen und Herren,
erst jüngst in Hünfeld am 2. September lobte Justizminister Hahn wie bei eigentlich allen Gerichtsbesuchen, die er absolviert, die Leistungsfähigkeit und Effizienz der hessischen Justiz.
So lobt Justizminister Hahn zu Recht (ich darf mit Einverständnis des Präsidenten zitieren) aus der Fuldarer Zeitung:
Die Zeit der Ärmelschoner ist längst vorbei!
Und bereits darin zeigt sich, wie wenig Sie sich als Fachminister überhaupt mit der Justiz auseinandersetzen. Die Justiz ist keine nachgeordnete Behörde des Ministeriums mit ärmelschonertragenden Beamten. Die Justiz ist die dritte Gewalt und das Rückgrat unseres funktionierenden Rechtsstaates.
Was tun Sie?
Überall und nirgends wird die hessische Justiz von Ihnen öffentlich in Sonntagsreden gelobt. Als Dank für die Arbeit der Mitarbeiter, Folgedienste, Richter und Staatsanwälte steht der Justiz nicht nur mit diesem Gesetz ein neuer schmerzhafter Aderlass bevor!
Sie legen Hand an die Gewährung der verfassungsrechtlich verbürgten Rechtsweggarantie und damit an einen Grundpfeiler unseres Rechtsstaates.
Sie sind in Ihrem Koalitionsvertrag noch für eine bürgernahe Justiz eingetreten – mit den geplanten Gerichtsschließungen zieht sich die Justiz in Hessen erneut aus der Fläche zurück!
Sie rühmen sich noch mit dem von Ihnen initiierten Verfahren, der Regierungserklärung, der sogenannten Kommission Kuk und den Contracten.
Sie loben sich selbst über die angeblich gelungene Kommunikation.
Ohne oberlehrerhaft zu erscheinen, will ich Ihnen Folgendes nochmals verdeutlichen, Kommunikation, das Wort communicare stammt aus dem Lateinischen und bedeutet teilen, gemeinsam machen, vereinen!!!
Ihre Kommunikation ist gründlich gescheitert!
Fakt ist zudem, dass Sie sich bei den ganzen Gesetzgebungsberatungen bis zum heutigen Tag als absolut beratungsresistent gezeigt haben. Und dies, obwohl die Anhörung eine schallende Ohrfeige für Sie war!!!
Während des gesamten Gesetzgebungsverfahrens ist Ihre Argumentation wie ein Kartenhaus zusammengefallen.
Der Landesrechnungshof, einst von Ihnen als unfreiwilliger Kronzeuge benannt, ist nun mehrfach im Landtag vorstellig geworden und hat seine Rolle deutlich gemacht.
Es ist auch eine Missachtung der Arbeit des Landesrechnungshofes, dass Sie sich bis zum heutigen Tage weigern, die aktuelle Prüfung des Landesrechnungshofes über die Amtsgerichte abzuwarten. Sie wollen das Gesetzgebungsverfahren durchpeitschen und Fakten schaffen.
Die von Ihnen erwarteten Einsparungen bei Sachaufwendungen werden Sie nicht erzielen – auch das hat die Anhörung ergeben.
Bei dem von Ihnen selbst in Auftrag gegebenen Controllingbericht wurde festgestellt, dass etwa Gebäudekosten pro Mitarbeiter und IT-Kosten pro Mitarbeiter an den kleinen Landgerichten in Hessen geringer sind als an den großen Gerichten.
Wie sieht das wohl bei den Amtsgerichten aus?
Dem Controllingbericht ist aber auch folgendes zu entnehmen:
Die Amtsgerichte Nidda, Schlüchtern, aber auch Usingen schneiden im Landesvergleich mit anderen Gerichten, etwa in Straf-, Zivil und Familiensachen keineswegs schlechter ab als andere Gerichte, was die effiziente Aufgabenerledigung anbelangt.
Im Gegenteil:
Nidda war in Strafsachen in diesem Jahr was Erledigungszahlen anbelangt Klassenprimus!
Als Dank dafür soll es jetzt geschlossen werden!
Ihre Pläne sind alternativlos! Auch in der Justiz kann übrigens wirklich anders eingespart werden.
Etwa indem man der Justiz nicht jedes Jahr überhöhte Nebenkostenzahlungen über das HI abnimmt, die erst spät selbstverständlich unverzinst dann zum Teil wieder zurückführt. Außerdem wird bei der zentralen Beschaffung oft zu viel Geld ausgegeben!
Dringende bundespolitische Reformüberlegungen zur Kosteneinsparung etwa im Betreuungsrecht, werden von der jetzigen Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger erst gar nicht mehr ernsthaft geführt!
Hier könnte viel Geld eingespart werden!
Unglaublich finde ich auch, dass Sie bei dem Contract und im Zuge dieses Gesetzgebungsverfahrens die Richter und Folgedienste hinters Licht geführt haben.
Stets haben Sie kommuniziert:
Entweder es gibt weniger Standorte und viel Personal oder mehr Standorte mit weniger Personal.
Seit wenigen Wochen wissen wir nun, dass neben den Gerichtsschließungen in den nächsten Jahren auch über 18,2 Millionen Euro Personalkosten eingespart werden sollen.
Dies sind mehr als 45 Richterstellen und ca. 170 Stellen im mittleren ein einfachen Dienst.
Dies obwohl die Pebbsy-Bedarfszahlen faktisch einen Mehrbedarf von Personal belegen und jeder, der die Praxis kennt, weiß, wie knapp die Personaldichte in der gesamten Justiz schon ist!
Herr Justizminister Hahn, halten Sie inne:
Legen Sie endlich Vorschläge auf den Tisch, die zu einer echten, zielführenden Einsparung bei der Justiz führen!
Legen Sie nicht die Axt an eine gute, bürgernahe und effiziente Justiz!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.