Herr Präsident,
meine Damen und Herren,
Herr Justizminister Hahn, lassen Sie mich zunächst feststellen, die zu dem von der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung gerichtsorganisatorischer Änderungen erfolgte Anhörung war zu Recht eine schallende Ohrfeige für diese Landesregierung!
Alle Anzuhörenden, bis auf einen einzigen, haben Ihrem Gesetzentwurf eine deutliche Absage erteilt!
Einhellig wurde kritisiert, dass die beabsichtigte, weitere Schließung von fünf Arbeits- und fünf Amtsgerichten die Bürgernähe der Justiz in der Fläche nachhaltig verletzt.
Für den Rechtssuchenden werden durch Ihre Pläne oft weite Wege entstehen!
So müssen z. B. die Bürger aus Frankenberg oder Ziegenhain teilweise Anfahrtswege von 80 km in Kauf nehmen, um an Verhandlungen teilnehmen zu können.
Ihr dazu vorgetragenes Argument: das sei gar nicht so schlimm, Otto-Normalverbraucher müsse nicht so oft zu Gericht, ist dabei recht zynisch.
In der Anhörung wurde insbesondere aus der Arbeitsgerichtsbarkeit deutlich, dass durch weite Wege zu Gericht, wirtschaftliche und zusätzliche Kosten durch eine bürgerferne Justiz auf den rechtsuchenden Bürger, aber auch Unternehmen und Betriebe, verlagert werden.
Mancher werde unter diesen Bedingungen seinen Anspruch voraussichtlich nicht geltend machen und weiter verfolgen.
In der Anhörung wurde deutlich: Durch Ihre Schließungspläne wird der verfassungsrechtlich verbürgte Justizgewährungsanspruch verkürzt!
Herr Hahn, gerade Ihnen als FDP-Minister müsste die aus Ihrer noch mickrig vorhandenen Wählerschaft (zu der z.T. auch Unternehmen, Mittelständler und die Anwaltschaft zählen) vorgebrachte Kritik zu denken geben!
Ihr Vorhaben ist aber auch Arbeitnehmer- und Frauenfeindlich!
Überproportional sind von Ihren Schließungsplänen Teilzeitkräfte, die vor allem von Frauen besetzt sind, betroffen.
So wurde uns z. B. bei der Anhörung vom Amtsgericht Schlüchtern geschildert, dass fünf Teilzeitkräfte aus persönlichen und wirtschaftlichen Gründen nicht an das aufnehmende Gericht wechseln werden.
Entgegen Ihrer Behauptung wird die Schließungswelle demnach zu einem erneuten Personalabbau in der Justiz führen! Dies neben den nun von Ihnen angekündigten weiteren Einschnitten in Höhe von 27,5 Millionen im Justizressort.
Da fragt man sich in der Tat: Wollen Sie mutwillig die Justiz kaputtsparen?!
In der Anhörung wurde auch nochmals von allen Anzuhörenden herausgearbeitet, dass die von Ihnen schöngerechneten Einsparungen nicht plausibel dargelegt werden können.
Sie wissen selbst ganz genau, dass bereits die letzte Schließungswelle 2005 keine nennenswerten Einsparungen gebracht hat. Gerichtsgebäude ließen Sie entweder gar nicht verwerten oder konnten nur weit unter dem ursprünglich behaupteten Wert veräußert werden. Das wird bei den nun von Ihnen ins Auge gefassten Gerichten nicht anders sein.
Sparen Sie dort, wo es sinnvoll ist: Bei der neuen Verwaltungssteuerung und einem Umdenken im Bereich des Hessischen Immobilienmanagement.
Peinlich muss es für Sie gewesen sein, dass selbst der Landesrechnungshof in der Anhörung deutlich auf Distanz zu der Landesregierung gegangen ist und deutlich gemacht hat, was er geprüft und nicht geprüft hat, was er empfohlen bzw. nicht empfohlen hat.
Selbst der Landesrechnungshof will nicht mehr zu Ihrem Kronzeugen für Ihre Schließungspläne gemacht werden!
Und all dies macht es erforderlich, dass sich das Plenum bereits heute vor Abschluss der Beratungen des Fachausschusses mit Ihren Schließungsplänen und deren Folgen befassen muss.
Schon jetzt steht fest, dass die von Ihnen immer wieder vorgetragenen Zahlenspielereien unseriös sind und jeglicher gefestigter Grundlage entbehren.
Schon jetzt steht fest, dass Ihre Pläne, die Justiz aus der Fläche abzuziehen, sich nicht auf den Rechnungshof stützen lassen, dessen aktuelle Untersuchungen Sie ja nicht einmal abzuwarten bereit sind.
Sie wollen offenbar mit dem Kopf durch die Wand und es ist Ihnen egal, dass der Preis dafür die Bürgerinnen und Bürger, die Bediensteten und die betroffenen Kommunen zahlen müssen. Es ist ja nicht Ihr Geld.
Ihre Ignoranz gipfelt jedoch darin, dass Sie im ganzen Verfahren das Parlament völlig missachten.
Noch vor der 1. Lesung, dies wurde uns auch in der Anhörung bestätigt, schaffen Sie Fakten, indem Sie z. B. in Bad Hersfeld beim Amtsgericht bereits Umbauten durchführen.
Das ist ein unglaublicher Affront gegenüber dem Parlament!
Zudem fordern wir Sie auf, bevor Sie das Gesetz mit Ihren Mehrheitsfraktionen beschließen, zumindest die aktuelle Prüfung des Landesrechnungshofs der Amtsgerichte abzuwarten.
Ansonsten missachten Sie sogar den unabhängigen, auch die 1. Gewalt kontrollierenden Landesrechnungshof!
Auch die Auswertung und Bewertung der Ergebnisse der Haushaltsstrukturkommission steht noch aus. Warten Sie diese doch erst mal ab.
Nehmen Sie sich sogar selbst nicht einmal ernst?!
Sogar BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN sind inzwischen aufgewacht, wie deren Dringlicher Antrag zeigt.
In der namentlichen Abstimmung zu den Gerichtsschließungen vor geraumer Zeit, haben Sie sich noch enthalten.
Herr Justizminister Hahn:
Das Ergebnis der Anhörung war einhellig und klar:
Das von Ihnen vorgelegte Gesetz ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur abzulehnen. Es schadet unserer gut funktionierenden Justiz und dem rechtsuchenden Bürger!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!