Herr Präsident,
meine Damen und Herren,
zutreffend ist, dass mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshof (EUGHs) vom 3.12.2009 und der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 21.7.2010 eine Neuregelung des Sorgerechts nicht miteinander verheirateter Eltern erforderlich ist.
Das Bundesverfassungsgericht hat nämlich wegweisend entschieden, dass es das Elternrecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes aus Art. 6 Abs. 2 GG verletzt, da er ohne Zustimmung der Mutter generell von der Sorgetragung für sein Kind ausgeschlossen ist und nicht gerichtlich überprüfen lassen kann, ob es aus Gründen des Kindeswohls angezeigt ist, ihm zusammen mit der Mutter die Sorge für sein Kind einzuräumen oder ihm anstelle der Mutter die Alleinsorge für das Kind zu übertragen.
Bei Zustimmungsverweigerung der Mutter zum Zugang der elterlichen Sorge muss es damit nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes eine gerichtliche Einzelfallprüfungs-möglichkeit geben.
Diese Entscheidung ist für viele betroffene Väter und Kinder längst überfällig!
Die dem geltenden Recht zugrunde liegende Annahme des Gesetzgebers, dass die Zustimmungsverweigerung von Müttern in aller Regel auf einem sich nachteilig auf das Kind auswirkenden elterlichen Konflikt basiert und von Gründen getragen ist, die nicht Eigeninteressen der Mutter verfolgen, sondern der Wahrung des Kindeswohls dienen, hat sich nicht bestätigt.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ist damit insgesamt zu begrüßen, denn es macht eines ganz deutlich:
Entscheidendes Kriterium ist das Kindeswohl! Daran hat sich alles auszurichten, unabhängig davon, ob die Eltern verheiratet sind oder nicht. Der generelle Ausschluss des Vaters eines nichtehelichen Kindes von der elterlichen Sorge, allein wenn die Mutter dies so will, ist eben nicht unbedingt immer am Kindeswohl orientiert.
Gemeinsam Verantwortung und Sorge für das Kind zu übernehmen, das wäre immer der beste Weg. Klar ist aber auch, dass die gemeinsame Verantwortung für ein Kind ein Mindestmaß an Übereinstimmung der Eltern erfordert. Fehlt es daran, gibt es schnell die Gefahr, dass Konflikte auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden und gar das Kindeswohl gefährdet ist.
Fraglich ist nun, wie die Vorgaben des Europäischen Gericht für Menschenrechte (EGMR) sowie des Bundesverfassungsgerichtes gesetzlich umgesetzt werden sollten. Darüber gibt es (und so ehrlich sollten wir meine Damen und Herren sein!) weder in der CDU-FDP geführten Bundesregierung, noch bei uns, eine klare abgeschlossene Position.
Fakt ist jedoch, dass die Bundesjustizministerin bereits im Sommer 2010(!) einen entsprechenden Gesetzentwurf einbringen wollte.
Wo bleibt dieser Gesetzentwurf?
Stattdessen herrscht Fehlanzeige!
Nun gibt es verschiedene Modelle, d.h. insbesondere das Antragsverfahren bzw. das Widerspruchsrecht der Mutter, die diskutiert werden.
Dabei sind wir grundsätzlich der Auffassung, dass Väter, die kontinuierlich und intensiv Verantwortung tragen sowie ausreichend und regelmäßig Unterhalt zahlen, die Teilhabe an der gemeinsamen Sorge ermöglicht werden soll.
So bestätigt das Bundesverfassungsgericht, dass der Gesetzgeber tragfähige Gründe hat, von einer gemeinsamen Sorge ab Geburt abzusehen. Denn, so erläutert das Gericht, die elterliche Übereinstimmung über die Anerkennung der Vaterschaft lässt nicht unbedingt darauf schließen, dass die Eltern bereit und in der Lage sind, die Sorge für das Kind unter hinreichender Berücksichtigung des Kindeswohls gemeinsam auszuüben. Es könne keineswegs immer von einer tragfähigen Beziehung zwischen den Eltern ausgegangen werden, die gewährleistet, dass die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge hinreichend konfliktfrei verläuft und das Kindeswohl nicht beeinträchtigt. Der Gesetzgeber könne in seine Erwägung durchaus mit einbeziehen, dass eine generelle gemeinsame elterliche Sorge auch solche Fälle umfassen würde, in denen aufgrund massiver Konflikte zwischen den Eltern das Kindeswohl so lange in Mitleidenschaft gezogen würde, bis die gemeinsame Sorge durch gerichtliche Entscheidung wieder aufgehoben würde.
Diese Erwägungen sprechen für das sogenannte Antragsmodell nachdem der Mutter nach der Geburt die elterliche Sorge zusteht und der Vater die Möglichkeit hat, einen Sorgeantrag zu stellen. In Streitfällen soll zunächst das Jugendamt vermitteln.
Bei den unterschiedlichen Modellen sind verschiedenste Gesichtspunkte zu beachten und zu bedenken, dass es insbesondere um die streitigen Fälle geht.
Dort wo sich beide Elternteile auf die gemeinsame Sorge einigen, gibt es ohnehin keine Probleme.
So spräche zudem für das Antragsmodell, dass es damit eine klare Entscheidung der Väter gäbe. Dies ist auch nicht unzumutbar, wenn dies im Streitfall bei Gericht mit einem Antrag zum Ausdruck gebracht werden muss.
Mit dem Widerspruchsmodell entsteht ein gemeinsames Sorge kraft Gesetzes, was auch Vorteile hätte.
Jedoch dürfen wir auch nicht vergessen, dass das Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG nicht gebietet, Vätern nichtehelicher Kinder, generell mit wirksamer Anerkennung der Vaterschaft kraft Gesetzes das Sorgerecht für ihr Kind gemeinsam mit der Mutter zuzuerkennen.
Einen entsprechenden Antrag haben die SPD-geführten Länder auf der letzten Jumiko in Halle eingebracht.
Dagegen gibt es den Vorschlag der Widerspruchslösung bei der ledige Väter automatisch das gemeinsame Sorgerecht erhalten und bei Widerspruch der Mutter das Familiengericht eine Entscheidung zu fällen hat.
Herr Präsident,
bei der Frage des wies, der Neuregelung der Sorge nichtverheirateter Eltern muss eines im Vordergrund stehen:
Die beste und praktikabelste Lösung für die betroffenen Kindern und Eltern.
Das sollten wir nicht vergessen!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!