?Mit der gestrigen Ankündigung, die Justizvollzugsanstalt (JVA) Kassel III zu schließen, ignoriert das Justizministerium gänzlich deren Bedeutung als Justizvollzugsstandort für Nordhessen?, sagten heute die rechts- und vollzugspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion Heike Hofmann und der Kasseler SPD-Abgeordnete Wolfgang Decker.
Nach Ansicht der Rechtspolitikerin habe der Justizstaatssekretär versucht, im Unterausschuss Justizvollzug die Bedeutung der auch als ?Elwe? bezeichneten JVA herunterzuspielen, um die geplante Schließung zu rechtfertigen.
Nach Informationen der SPD seien allein im letzten Jahr 720 Untersuchungshäftlinge in der JVA untergebracht gewesen, die regelmäßig zu Haftprüfungs- oder Gerichtsterminen gebracht werden mussten. 2008 seien mehr als 2500 Gefangene über die JVA Kassel III nach Nord-, Ost- und Süddeutschland transportiert worden, in diesem Jahr seien es bereits 1.800 Transportgefangene gewesen. Nach Auffassung der Gewerkschaften ließen sich diese Gefangenenzahlen und Gefangenbewegungen nur schwerlich mit den Abläufen der JVA Kassel I, die eine Haftanstalt der höchsten Sicherheitsstufe ist, vereinbaren, so Hofmann.
Als ?untragbar? sehe sie aber die Tatsache an, dass die in der JVA Kassel untergebrachten Jugendlichen und Heranwachsenden künftig in der über 150 km entfernte JVA Rockenberg oder in der rund 220 km entfernten JVA in Wiesbaden untergebracht werden sollten. Damit offenbare sich nach Auffassung Hofmanns die Konzeptionslosigkeit der Landesregierung bei der Organisation des Strafvollzugs in Hessen.
Nach Ansicht von Decker spreche für sich, dass die Landesregierung sich offenbar keinerlei Gedanken über die städtebaulichen Folgen ihrer Entscheidung für die Stadt Kassel gemacht habe. Die lapidare Auskunft des Justizministeriums, dass die teilweise unter Denkmalschutz stehende Liegenschaft dem Vermögen des Hessischen Immobilienmanagement zufließen werde, erinnere in trauriger Weise an die zurückliegende Diskussion um den Justizstandort in Frankfurt, als das Justizministerium auch bereit gewesen sei, der Stadt Frankfurt ein städtebauliches Problem vor die Füße zu kippen.
Die SPD erwarte insbesondere nach den wenig überzeugenden Darstellungen des Justizstaatssekretärs vor weiteren Entscheidungen über die Zukunft der JVA Kassel III, dass das Ministerium eine Kosten-Nutzen-Analyse erstelle und dem Parlament vorlege, so Hofmann und Decker. Sollte diese Analyse verweigert werden, werde sich die SPD gegen eine Schließung der JVA Kassel III wenden, da man den Verdacht nicht loswerde, dass der Justizbereich wieder einmal dabei sei, ohne Rücksicht auf Verluste und die Interessen der Betroffenen Einsparpotentiale zu generieren. Nicht anders sei zudem die gestrige Bemerkung des Staatssekretärs zu verstehen, dass es derzeit in Hessen keinen Justizstandort gebe, der hinsichtlich seiner Existenz nicht auf dem Prüfstand stehe.