Justizpanne beim Umgang mit rechtem Gewalttäter in Hessen

Herr Präsident,
meine Damen und Herren,

die SPD-Landtagsfraktion hat diesen dringlichen Antrag eingebracht, da durch eine Informationspanne in der Justiz in ungeheuerlicher Art und Weise der Neonazi-Schläger Kevin S. vom Kasseler Landgericht aus der U-Haft entlassen wurde, obwohl er sich voraussichtlich bereits im Mai erneut wegen einer rechtsextremistischen Gewalttat vor Gericht verantworten muss!

Kevin S. hatte zusammen mit 10 anderen Angehörigen der braunen Kameradschaft ?Freie Kräfte Schwalm-Eder? Teilnehmer eines Zeltlagers der Linksjugend brutal attackiert und überfallen.

Um es an dieser Stelle gleich klar und unmissverständlich zu sagen:

Es geht uns mit unserem Antrag nicht darum, die Entscheidung des Landgerichts Kassel inhaltlich zu bewerten.
Anders als der Justizminister erkennen wir die richterliche Unabhängigkeit der Rechtsprechenden Gewalt an und kommentieren diese nicht!

Wir wollen heute vielmehr erörtern, wie es möglich gewesen ist, dass dem Landgericht in Kassel zum Zeitpunkt seiner Entscheidung keinerlei weitergehenden Kenntnisse über das strafrechtlich relevante Verhalten des Kevin S. vorgelegen hat. Es lagen dem Landgericht Kassel keine Informationen über das neue bei Staatsanwaltschaft Marburg laufende Verfahren vor!
Dies ist skandalös und besonders für die von den Gewalttaten betroffenen Opfer bitter!

Hätte das Landgericht Kassel von dem neuen Verfahren (in der Anklage wird Kevin S. u. a. gefährliche Körperverletzung vorgeworfen) gewusst, hätte die Entscheidung durchaus auch anders ausfallen können.

Auch hat Kevin S. nach der Haftentlassung sofort wieder Kontakt zu seinen Kameraden aufgenommen und hat sich in einer lokalen Internet-Community eine Profilseite zugelegt mit einer ?Freie Kräfte Schwalm-Eder? Rubrik.

Gerade bei Gewaltdelikten, die darüber hinaus noch politisch motiviert sind, hat die Landesregierung dafür Sorge zu tragen, dass die Strafverfolgungsbehörden diesen Delikten besondere Aufmerksamkeit zukommen lassen und dass die notwendigen Kommunikationsstrukturen zwischen den Strafverfolgungsbehörden einwandfrei funktionieren.

Dies gilt umso mehr, wenn man sich das Tatverhalten des hier in Rede stehenden Rechtsradikalen betrachtet und die politischen Hintergründe der Einzeltaten angemessen betrachtet.

Unabhängig von der Anzahl rechtextremistischer Anzahl und der Größe einzelner rechtsradikaler Gruppierungen, müssen wir zu Kenntnis nehmen, dass die Gewaltbereitschaft in dieser Szene erheblich zugenommen hat.

Daraus folgt aber auch, dass die Staatsanwaltschaften sensibler bei der Gesamtwürdigung der Tatumstände vorgehen sollten, wenn es sich um Straftäter handelt, die bereits durch Gewalttaten oder andere Delikte mit politisch motiviertem Hintergrund in Erscheinung getreten sind.

Eine weitere Folgerung ergibt ? und dies hat der vorliegende Fall gezeigt, dass ein Verbesserungsbedarf bei der justizinternen Informations-Weitergabe erforderlich ist.

Dies liegt eindeutig im Verantwortungs- und Organisationsbereich des Justizministers und hier gibt es offenbar erheblichen Nachbesserungsbedarf.

Denn eines ist doch allen klar, der Staat muss dem Rechtsextremismus entschlossen und entschieden entgegentreten!

Pannen dieser Art sind eine Schande für das Land Hessen und dürfen sich nicht wiederholen!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!